Außen Zwerg – innen Riese: Diego
Im Februar 2019 kam ein weiterer Pflegehund vom Tierheim Ludwigsburg zu uns. DIEGO – im ersten Moment genau das, was ich nie wollte: winzig, laut und größenwahnsinnig. Ein Prager Rattler (also der tschechische Zwergpinscher).
Er wurde im Tierheim abgegeben, weil er angeblich aus Protest in die Wohnung pinkelt und das hat den werten Herrschaften nicht gepasst. Auf die Idee, mal zum Tierarzt zu gehen, kamen die Vorbesitzer leider nicht, sonst hätten sie vielleicht erkannt, dass Diego sehr krank war. Eine seltene Art Blasensteine, die so groß waren wie fast seine ganze Blase und eine dementsprechend schlimme, blutige Blasenentzündung. Nun, dass man dann reinpinkelt, wenn man Schmerzen in der Blase hat, ist nicht verwunderlich. Außerdem hat Diego noch eine nicht genau spezifizierbare Leberproblematik. Im Grunde sieht seine Leber aus, wie bei einem Hardcoresäufer. 2 Leberbiopsien später sind wir leider auch nicht schlauer, also müssen wir damit leben. Mit Medikamenten und Spezialfutter kann man aber einiges in Schach halten. Vor dieser Familie war er auch schon hin- und hergereicht worden, was dem kleinen, sensiblen Pinscher-Herzchen sicher auch nicht guttat.
So stand er nun also bei uns. 2kg leicht, mit der Tendenz in jeder sich bietenden Handtasche zu verschwinden (aha, da weiß man also wie er gelebt hat) und ständig auf dem Schoß hockend, so dass man nicht mehr arbeiten konnte. Und dann hatte Diego noch die Spezialfähigkeit sich regelmäßig in Lebensgefahr zu bringen, weil er meinte, man kann sich doch auch mit dem Rottweiler von nebenan anlegen. Na ja, Hundebegegnungen hatte er in seinem bisherigen Leben nur an der Flexileine im Park und da lässt es sich ja wunderbar pöbeln. Bellen ist eh einer seiner großen Leidenschaften. Bellen wenns Klingelt, wenn Besuch kommt, wenn der Nachbarshund draußen vorbeiläuft und wenn auf dem Balkon eine Fliege pupst.
Na ja aber wie das halt so ist, hat der kleine Zwerg mit dem großen Ego mein Herz im Sturm erobert. Wir haben sofort am Thema Hundebegegnungen trainiert. Wie sieht das denn aus, wenn ich hier mit einem kläffenden Winzling durch die Gegend laufe und jeder weiß, dass ich die Hundetrainerin bin???
Hundekontakte durfte er gleich am zweiten Tag hier machen. Spazieren mit einer Gruppe von 8 gut verträglichen Hunden und das erste Mal in seinem Leben die Leine weg. Das gute am Pinscher ist ja, dass er nicht wegläuft, wenn man sich nicht ganz dumm anstellt.
Erwartungsgemäß bekam das Diego-Ego erstmal einen Dämpfer und nachdem keiner Lust hatte sich mit ihm zu streiten, war er dann auch ganz handzahm mit allen. Seitdem läuft er mit vielen Hunden mit, begleitet mich im Training als Begegnungshund und hat bis heute super viel gelernt.
6 Monate nachdem er hier angekommen ist, haben wir den Hundeführererschein zusammen gemacht und er läuft fast immer frei, wo es unproblematisch möglich ist. Bellen ist nach wie vor sein Hobby aber nun, man kann eben (auch als Hundetrainerin) nicht alles haben und die Genetik ist eben manchmal grätzig. Aber wir bleiben dran…
Mit Hexe hat er sich gut verstanden, mit Fussel hat es meistens auch funktioniert und Bella wurde seine Freundin. Auf sie passt er auf und spielt wild mit ihr.
Ansonsten ist Diego der klügste und anhänglichste Hund, den ich je hatte und ich kann jetzt natürlich auch die Sorgen und Anliegen, der Winzlingshundebesitzer nochmal besser nachvollziehen. Hexe war auch klein aber zwischen 2 und 5 kg Hund liegen tatsächlich nochmal Welten. Ein Hang zum Größenwahn ist auch geblieben aber damit haben wir uns arrangiert und Diego weiß genau, dass er es nicht übertreiben muss. Aufgrund seiner vielen gesundheitlichen Probleme haben wir beschlossen ihn zu behalten.
Diego hilft mir mittlerweile sehr viel im Training und ist ein super Hundeschulhund geworden.